„Europe vs Facebook“, David gegen Goliath oder zuerst mal der Zuständigkeitsstreit der Richter
Rund 8 Monate nach Klagseinbringung fand am 9. April die erste Tagsatzung beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien statt. Terminlich nicht ganz zufällig gewählt, begrüßte IT-LAW.AT bereits am nächsten Tag RA Dr. Wolfram Proksch, LL.M., den Rechtsanwalt von Mag. Maximilian Schrems und ein langjähriges Vereinsmitglied, zum Freitagsseminar in der Reihe „von Mitgliedern – für Mitglieder“. Herr Mag. Schrems ist jener junge Jurist, der sich bereits seit längerer Zeit der Durchsetzung seines Grundrechtes auf Datenschutz gegenüber dem Internetgiganten Facebook Inc verschrieben hat. Sowohl in Irland, dem europäischen Sitzstaat der Firma, als auch jetzt in Österreich im Rahmen einer Sammelklage versucht er nicht nur für sich, sondern auch zahlreiche Unterstützer den Umgang mit Datenschutz bei Facebook nachhaltig zu verändern.
Weit über 20 Teilnehmer lauschten aufmerksam den Ausführungen von Wolfram Proksch über die bisherige Aktivitäten von Herrn Mag. Schrems vor der irischen Datenschutzbehörde (oder besser „Behörderl“) und den österreichischen Gerichten. Ein Vorabentscheidungsverfahren aus Irland zum „Safe Harbour“-Abkommen und eine verfahrensrechtlich äußerst spannende Sammelklage dürfen bereits auf eine spannende Vorgeschichte mit unerwartet, detaillierten Datenauskünften von Facebook, wehrharften Behörden, einer Prozessfinanzierung und tausenden Forderungsabtretungen zurückblicken. IT-LAW.AT bekam im Rahmen dieses Seminars einen tiefen, exklusiven Einblick in die Strategie von „Europe vs Facebook“ und durfte dabei auf hohem fachlichem Niveau mögliche Fortschrittsszenarien im Prozess diskutieren.
Hätte man kurz zuvor in die Zeitung geblickt, könnte man meinen, der Prozess sei kurz vor seinem Ende. Tatsächlich aber wurde bisher ausschließlich die Frage der Zuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien erörtert. Diese steht jetzt erstmal zur Entscheidung an. Erst danach wird man sich den eigentlichen Fragen widmen können, nämlich ob die Datenverwendungsrichtlinien von Facebook dem europäischen Datenschutzrecht entsprechen, ob das NSA-Überwachungsprogramm „PRISM“ bei dieser Beurteilung eine Rolle spielt, ob die Einführung des Dienstes „Graph Search“ durch Facebook zulässig ist, ob Nutzerdaten von Facebook unberechtigt an Dritte weitergegeben werden und ob den allenfalls geschädigten Nutzern, die Herrn Mag. Schrems in der Sammelklage beigetreten sind, Schadenersatz zusteht. Das Verfahren wird sicherlich noch dauern und wir hoffen Wolfram Proksch in einiger Zeit wieder für ein Update in unseren Reihen begrüßen zu dürfen.